SEITE: 23 - 40 Moritz T. Keine Kommentare Kommentar hinzufügen
Stelle:

„Fire Rain“

Anmerkung:

Brillante, klassische Erzählung, als hätte man Cechov nach Südindien transferiert. Den Auftakt bildet eine Morgenszene mit Mutter und krankem Kind, die auf einem Teppich im Wohnbereich schlafen. Der Hausherr und Vater ist aber weniger besorgt um das kranke Kind als darum, in welcher Aufmachung sich seine Frau zeigt: Die Schwester des Vaters  und der Schwager übernachten im Haus, sie behelligen ihn mit einem unangenehmen, aber legitimen finanziellen Anliegen.

Der Hausherr entpuppt sich als hoch angesehene Figur in der muslimischen Gemeinde. Allerlei Bittsteller machen ihm die Aufwartung, der eine braucht Geld für die Heirat seiner jüngsten Tochter, die andere (eine andere Schwester unseres Helden) bittet um die Vermittlung eines Jobs für ihren Sohn. Mühsame Geschichten… Da kommt ein Fall gerade recht, der die Aufmerksamkeit aller Bittsteller absorbiert – angeblich ist ein Muslim nicht riten-gerecht beerdigt worden. Die Posse nimmt ihren Lauf, gekrönt von einem Begräbnis-Umzug mit der bereits verwesenden und entsprechend übel riechenden Leiche. Unser Held hat seine Ziele erreicht: sein Ansehen in der Gemeinde ist nochmals gestiegen, und die lästigen Forderungen sind fürs erste vom Tisch.

Sowohl der Vater wie auch der Leser haben in der ganzen künstlichen Aufregung den kranken Sohn vergessen. Erst im Schlussabsatz werden sie auf dramatische Weise daran erinnert. – Grossartig auch die Schilderung, wie sich ein religiöser Mob aufbaut, aus durchaus nicht immer heiligen Motiven.

 

 

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