Buch im Fokus #46

27.09.2025
Ein Roman aus Israel, der eine spannende Geschichte voller dramatischen Wendungen erzählt, und dabei ohne Filter der political correctness differenziert von den Schwierigkeiten des jüdisch-arabischen Zusammenlebens erzählt: Erfahren Sie in «Buch im Fokus» jetzt mehr zum Bestseller «Ungebetene Gäste» von Ayelet Gundar-Goshen.
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Dieses Buch wird besprochen in: Israel Ausleihen
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Ungebetene Gäste

Autor: Ayelet Gundar-Goshen
Verlag: Kein & Aber
Genre: Belletristik
Erscheinungsjahr: 2025
Weitere bibliographische Angaben
ISBN: 978-3-0369-5063-1
Einbandart: gebunden
Seitenzahl: 320
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Hebräisch
Übersetzung: Ruth Achlama

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Inhalt

Zugänglichkeit

Ausstattung

Besprechung

Wir sind in Israel, und beobachten eine Szene in einem jüdischen Haushalt. Die Mutter Naomi ist mit ihrem kleinen Sohn Uri allein zuhaus, ein arabischer Maler ist auf dem Balkon zugange. Naomi ist sehr angespannt, die Situation behagt ihr nicht. Ein jüdischer Teenager, der sich zufällig unterhalb der Wohnung aufhält, kommt durch einen von Uri heruntergestossenen Hammer zu Tode, der Handwerker wird fälschlicherweise eines Attentats beschuldigt und verhaftet. Bis sich Naomi nach Tagen entschliesst, der Polizei den Ablauf des Unfalls zu berichten und den arabischen Handwerker zu entlasten, hat sich die Geschichte Schlag auf Schlag weiterentwickelt, mit beträchtlicher Sogwirkung für den Leser. Die aufgeladene Stimmung zwischen Juden und Arabern eskaliert. Naomis Familie und die Familie des Handwerkers begegnen sich.

Nach dem Unglück geraten Naomi und ihr Ehemann Juval von verschiedenen Seiten her unter Druck. Er nimmt einen Job in Nigeria an, die Familie zieht um nach Lagos. Naomi langweilt sich vornehmlich und hadert immer noch mit dem Unglück und ihrer Rolle dabei. Auch Uri scheint traumatisiert; in der israelischen Expat-Community findet sich die Kinderpsychologin Noga, die ihn in Therapie nimmt. Zufälligerweise ist Noga die Jugendgeliebte Juvals. Naturgemäss flammt die alte Liebe wieder auf. Und die Spätfolgen des Unglücks holen die Familie auch in Nigeria ein.
Das wirkt teilweise arg konstruiert, der Roman weist im zweiten Teil auch Längen auf, die Szenen in Lagos sind atmosphärisch weniger dicht als in Israel. Die erotisch aufgeladene Begegnung Naomis mit einer betont unabhängigen Nigerianerin dient allzu offensichtlich dazu, etwas Lokalkolorit und auch eine historisch-politische nigerianische Dimension in den Roman zu bringen.

Dennoch: Die Autorin beherrscht zweifellos das Erfolgsroman-Handwerk, mit eingestreuten Sexszenen und überraschenden Wendungen, das ist insgesamt gekonnt gemacht. Und es gibt zwei Elemente, die «Ungebetene Gäste» darüber hinaus auszeichnen:
Die studierte Psychologin Ayelet Gundar-Goshen versteht es hervorragend, psychologische Zusammenhänge plausibel darzustellen. Kleines Kabinettstück, wie die Kinderpsychologin Noga an eine traumatische Episode aus ihrer Kindheit erinnert wird; die Figur erhält eine Tiefenschärfe wie sonst keine.
Und vor allem sind die Ambivalenzen, das Misstrauen und der latente und offene Rassismus im jüdisch-arabischen Zusammenleben brillant und glaubwürdig geschildert. Naomi ertappt sich immer wieder bei sie selbst befremdenden Reaktionen, die sie dann im inneren Monolog zu verstehen versucht. Allein diese leider sehr aktuelle Dimension des Romans macht die Lektüre lohnenswert.
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Zitat & Kommentar #24

16.08.2025
Dieses Buch wird besprochen in: Kunstgeschichte
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Armin Zweite : Das Denken ist beim Malen das Malen

Kommentar Moritz T.

das denken ist beim malen das malen_p. 306

Bilder sind für Richter keine Modelle einer besseren Welt. Sie können jedoch ein Trost sein, «wenn sie genügend Geheimnis besitzen und ähnlich rätselhaft sind wie das Leben selbst. Allein die Annäherung an diesen Zustand löst Glückgefühle aus».

Kommentar

Gerhard Richter nimmt immer wieder Bezug auf die Kunstgeschichte, beispielsweise auf Velázquez oder Vermeer. In einem Interview aus dem Jahr 2002 verrät er, was er in diesen Bildern sucht: nicht (nur) ästhetische Perfektion oder handwerkliche Präzision, sondern «Geheimnis» und «Rätsel».
Das Leben ist für uns alle rätselhaft; die Künstler, so könnte man Richters Gedanken interpretieren, setzen sich intensiv damit auseinander. Ein gelungenes Bild zeichnet sich dann durch ein hohes Mass an existenzieller Rätselhaftigkeit aus. Auch wenn die Menschen mit Religionen oder ideologischen Utopien das Geheimnis gemeinschaftlich zu lüften oder immerhin zu zähmen versuchen, bleibt der einzelne Mensch mit seinen Zweifeln und seinen Fragen doch allein. Wenn dann ein Kunstwerk an das Rätsel des Lebens rührt, kann das «Glücksgefühle auslösen». Allerdings liegt es in der Natur eines Geheimnisses, dass es nicht ohne weiteres zutage liegt. Der Bild-Betrachter muss seinen Beitrag leisten, um in einen Dialog mit dem Geheimnis zu treten. Dies ist ganz im Sinne Richters, für den das «Sehen» die entscheidende Kunst-Tätigkeit ist, und der eine Gleichstellung von Produzent und Betrachter postuliert.

Mit dem metaphysischen Anspruch an die Kunst hat Gerhard Richter natürlich auch sein eigenes, faszinierend vielfältiges und rätselhaftes Werk im Blick.

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