„Theodor Fontane, der Chronist der Berliner Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert, der selber Antisemit war, schrieb, dass ‚alle unsere Freiheit und feinere Kultur, wenigstens hier in Berlin, vorwiegend durch die reiche Judenschaft vermittelt wird.‘ „
Die beiläufige Selbstverständlichkeit, mit der hier Fontane als Antisemit bezeichnet wird, lässt einem doch kurz stocken. Ist der Fall so eindeutig? Das Zitat oben wäre ja nicht grad ein eindeutiger Beleg. Reich-Ranicki hatte sich zu der Frage differenziert geäussert: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/marcel-reich-ranicki-in-der-frankfurter-anthologie-an-meinem-fuenfundsiebzigsten-12752884.html
Interessant aber in jedem Fall diese Feststellung Fontanes, die den Juden eine wichtige Rolle im Kulturleben Berlins Ende des 19. Jahrhunderts einräumt; diese Stellung hatten sie sich innert weniger Generationen erarbeitet.
Zu Fontane kann ich nichts hinzufügen. Aber zum letzten Abschnitt: es sind eigentlich nicht wenige Generationen, sondern genau eine: bei den Scholems kam der Aufstieg bei Siegfried nach dem Krieg 1870/1871 mit dem wirtschaftlichen Aufschwung. Und das scheinen auch alle anderen angeführten Stellen zu belegen (1886-1887 = 22% der jüdischen Jungen besuchen höhere Schulen (S.40) etc.)
Das wäre eine weitere Parallele zu Samuel. Von seinem Vater wissen wir fast nichts. S. hatte als Buchhändler angefangen, und sich dann 1890 selbstständig gemacht.