„Ognosie“
Keine übermässig subtile oder elegante Analyse, und auch keine grundlegende neue Erkenntnis: die Zeit der grossen Erzählungen ist vorbei. Aber Tokarczuk stimmt hier keinen Lobgesang auf die Postmoderne an. Sie vermisst den Ehrgeiz, einen Blick auf die Zusammenhänge, das Ganze zu werfen und beklagt ein Denken in Blasen, die nichts voneinander wissen wollen. Die Verknüpfung der Wissensgebiete, die Vertiefung in abgelegene Bezirke, das Wahrnehmen von unwahrscheinlichen Brücken kann zu einem «ultrasynthetischen Erkenntnisprozess», oder zur «Ognosie» führen (offenbar ein Tokarczukscher Neologismus, der im Essay geschickt getarnt als Enzyklopädie-Eintrag daherkommt). Am besten wohl in Form von … Literatur.
Latenter Widerspruch? Förderung des Exzentrischen, des Dezentralen, Kritik des Menschen als absolutes Subjekt, das die Welt um sich ordnet; gleichzeitig der Wille zu einer umfassenden Erkenntnis. Aber diese Art der Erkenntnis müsste wohl stets im Fluss bleiben und sich aus vielen Quellen speisen und fortwährend verändern.