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Besprechung für Ein Kirschkern im März

Moritz T. Keine Kommentare
Besprechung:

Die finanzielle Situation bleibt für den Erzähler, der sich als Schriftsteller noch nicht hat durchsetzen können, prekär. Das Honorar von DM 160.- für eine Lesung in einer Buchhandlung wird gebührlich gefeiert, weil es ihm ein ganz klein wenig mehr Spielraum gibt für «ausserordentliche», «genehmigungspflichtige» Ausgaben, zum Beispiel einen zusätzlichen Espresso, von denen sich der Erzähler sowieso hauptsächlich zu ernähren scheint.

Er wohnt – wie im vorigen Band – immer noch als Gast bei Freunden, aber es ist ihm bewusst, dass er allmählich weiterziehen sollte, auch wenn die freundlichen Gastgeber keinen Druck ausüben. Sie laden ihn und die Tochter Carina auf ein Wochenende nach Oberhessen ein. Nichts Spektakuläres, man spaziert, Carina verliert ihr Stofftier-Lämmchen, der Erzähler findet es wieder, Milch-holen beim Bauern. Gemeinsames Essen, Spielen. Ein Stück Normalität mit der viereinhalbjährigen Tochter, das der Erzähler im Frankfurter Alltag schmerzlich vermisst: die Trennung von Sibylle und der gemeinsamen Tochter wirkt traumatisch nach.

Dennoch gibt es Aufhellungen, und Erholungspausen von den Turbulenzen. Der Erzähler notiert die kleinen Zeichen des Frühlings in kurzen Sätzen und Wendungen, die den Leser die Euphorie miterleben lassen. Das beständige Gehetztsein, auch vom eigenen Wahrnehmungszwang (alles muss registriert werden!), weicht ruhigeren Kapiteln, mit einem ausgiebig der Lektüre und dem ansonsten flüchtigen Schlaf gewidmeten Wochenende, oder mit einem idyllischen Nachmittag mit der befreundeten Edelgard und Carina, inklusive hübscher Abschweifung in die Staufenberger Kindheit, ausgehend von einem aufgelesenen Kirschkern.

Die letzten Kapitel des Bandes wirken dann wieder etwas kurzatmig, mit etwas gar vielen Wiederholungen von bekannten Motiven und Elementen. Am Ende zieht der Erzähler wieder um, von einem Provisorium ins nächste.

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