SEITE: 309 - 346 Moritz T. Keine Kommentare
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Gooseberries

Anmerkung:

Brillante Analyse Saunders. Chekhovs „Gooseberries“ ist eine reichlich unspektakuläre Geschichte, aber Saunders zeigt, warum sie einen dennoch in Bann zieht. Zentral ist eine Erzählung oder vielmehr Rede Iwans, in der er die Meinung vertritt, dass es nicht zulässig sei, glücklich zu leben, wenn andere ringsum unglücklich sind.  Das ist eine starke Meinung, die aber unterminiert wird durch einen Moment der ausgelassenen Freude Iwans beim vorherigen gemeinsamen Baden. Die Meinung scheint vor allem den Wert einer starken Geste zu haben, die aber Iwans zwei Zuhörer eher langweilt; sie hätten in wohliger Stimmung nach dem Bad lieber eine deftige Pointe gehört als eine moralische Predigt. Und Iwans Rücksicht auf die Mitmenschen erstreckt sich nicht auf seinen Jagdfreund Burkin, den er im gemeinsamen Schlafzimmer dem Gestank seiner ungeputzten Tabakpfeife aussetzt, wie Saunders in der Analyse des letzten Abschnitts hervorhebt. Wunderbar, wie dann der Tabakgeruch durch die Nacht und zugleich rückwirkend durch die ganze Erzählung wabert. – Saunders zentraler Befund: Chekhov braucht seine Erzählung nicht als Vehikel für eine bestimmte Weltanschauung oder Meinung, er nutzt sie als Instrument, das Leben zu begreifen. Meinungen spielen eine Rolle, aber sie werden wie hier in Frage gestellt durch Handlungen oder Unterlassungen des Meinungsführers. Das Leben ist zu komplex, um es auf Meinungen reduzieren zu können.

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