„In der Höhle“
Der Streit zwischen den Brüdern eskaliert, als sich Joseph den zehn anderen im Erb-Kleid nähert. Die Bande verprügelt und wirft ihn in den Brunnen, auf dass er verrecke. Drei Tage verbringt Joseph ohne Aussicht auf Rettung im Brunnen, „in der Höhle“. 14 Seiten der Selbst-Reflexion. Joseph ist auf sich zurückgeworfen, und der Eitle und Verwöhnte gesteht sich ein, dass er den Wurf in die Grube provoziert hatte. Zum ersten Mal versetzt er sich in die anderen. Warum hatte er den eifersüchtigen Brüdern von seinen Träumen erzählt? Warum sich im Glitzerkleid gezeigt? Obwohl er im Grunde wusste, dass er damit die Brüder aufs Blut reizen würde. Folgt er einer höheren Fügung?
Der Autor lädt diese Szene mit viel Bedeutung auf; in Mose 37, 18-33 wird nur knapp geschildert, dass Joseph von den Brüdern des Kleides beraubt und in die Grube geworfen wird.
Bei Thomas Mann ist die Gewalt, die die Brüder Joseph antun, ausführlich geschildert, mit deutlichen Hinweisen auf eine Vergewaltigung (s. auch den Kommentarband, p. 897 / p. 902). Nach drei Tagen verlässt Joseph die Grube wieder, eine Analogie zur der Auferstehung von Jesus. – Die Kaufleute holen ihn aus der Grube, wie durch einen Geburtskanal, Joseph ist durch die Tage im Dunkel und in Todesnähe geläutert und wie neu geboren.