„(…) die Vorstellung einer ‚objektiven‘ Perspektive (einer Art von perspektivenlosem Blick von nirgendwo) (…)“
„objektiv“ in Anführungszeichen. Aus der Summe der unterstellten Haltungen (Blicke) auf einen Gegenstand oder einen Sachverhalt resultiert für das kleine Kind eine Perspektive, die nicht mehr von einem einzelnen Individuum her kommt / abhängig ist. Leicht eigenartige Formulierung „perspektivelosem Blick von nirgendwo“ soll wohl ausdrücken, dass dieser Blick nicht in Frage gestellt werden kann, zunächst. Tomasello unterschlägt hier, dass diese „Objektivität“ in vielerlei Hinsicht eine wacklige, stets neu auszuhandelnde Angelegenheit ist, weil die abweichende Haltung eines einzelnen Erwachsenen den „Blick von nirgendwo“ in Frage stellen kann. Erst recht kann hier noch nicht die Rede sein von einer Objektivität ohne Anführungszeichen.
Ich verstehe T. hier so, dass sich entwickelnde Kinder irgendwann auf die Idee kommen, dass es so etwas wie eine perspektivenlose Objektivität gibt, also die Dinge an sich, die wir immer nur in und durch unsere Perspektive wahrnehmen. Es geht weniger darum, wie die objektive Situation wirklich ist, es geht mehr um die Idee, dass es sie gibt. Es ist ein Konzept, auf die Welt zu schauen: Wir haben zwar alle unsere Perspektiven, aber wir gehen davon aus, dass es eine Objektivität dahinter gibt, auch wenn sie uns nicht perspektivenlos zugänglich ist. Von daher darf die vorgestellte konkrete Objektivität ruhig wacklig sein, dass tut dem Ganzen kein Abbruch.