SEITE: 112 bheym Keine Kommentare Kommentar hinzufügen
Stelle:

„Anderskönnen unter gegebenen Umständen wird von Kompatibilisten als steile These angesehen. … Die Alternative dazu ist die Annahme, dass wir in jedem Augenblick immer nur etwas seit dem Urknall Determiniertes tun können. Das ist in der Tat eine steile These.“

Anmerkung:

Das mutet nach einer bemerkenswert suggestiven Argumentation an, weil die Kritik an der These des Anderskönnen mit der noch ausgeprägteren Steilheit der These des Nichtanderskönnens gekontert wird.

Im Nachgang spekuliert GK darüber, warum so viele Philosophen das Anderskönnen als eine kühne These ansehen und vermutet, dass es damit zusammenhängt, dass man oft die Vergangenheitsform bemüht („hätte er anders können“). Da man die Vergangenheit nie ändern kann, wäre man geneigt zu urteilen, dass er nicht hätte anders können und schließt daraus, dass Anderskönnen generell ausgeschlossen ist. Formuliert man den Satz im Präsens („kann er etwas anderes tun“), dann würde man nicht in diese Falle laufen.

Weiterhin kritisiert GK die Redeweise von „identischen Bedingungen“, unter denen ein Anderskönnen möglich sein solle, weil es identische Bedingungen im Weltlauf nie gibt, es gibt nur gegebene Bedingungen.

Mir kommt diese Argumentation wenig zwingend vor. Es mutet doch wenig wahrscheinlich an, dass sich Philosophen von der Vergangenheitsform auf die falsche Fährte locken lassen. Genauso ist die Rede von „identischen Bedingungen“ doch nur als Gedankenexperiment hinsichtlich einer prinzipiellen Fragestellung zu verstehen und nicht hinsichtlich der praktischen Relevanz. Der Punkt ist nicht, ob es jemals wieder identische Bedingungen gibt, der Punkt ist, ob eine Akteurin unter identischen Bedingungen anders handeln könnte als sie es tut. Diese Frage zu delegitimieren, indem man das Auftauchen von identischen Bedingungen negiert, halte ich ihrerseits für eine nicht legitime Argumentation.

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