„Irgendeiner der erwogenen Gründe muss handlungswirksam gemacht werden, und da Gründe es nicht selbst tun, muss es der Akteur tun.“
Diese Formulierung mutet stark akteurskausalistisch an. Interessanterweise merkt GK in einer zugehörigen Fußnote an, dass es nicht akteurskausalistisch zu verstehen sei, korrekt müsse es ereigniskausalistisch heißen: „Der Akteur tut etwas, was damit einher geht, dass mentale Ereignisse seine Handlung verursachen.“
GK hat sich ja schon im Abschnitt 4.5 „Akteurskausalität und Ereigniskausalität“ dagegen verwahrt, den Libertarismus mit Akteurskausalität in Zusammenhang zu bringen. Mir ist das nach wie vor nicht eingängig: Ich hege den Verdacht, dass der Libertarismus ohne Akteurskausalität nicht auskommt. Stark verkürzt liegt die Begründung darin, dass man bei Ereigniskausalität in einen infiniten Regress gerät, weil jedes mentale Ereignis seinerseits durch ein anderes, weiter zurückreichendes mentales Ereignis verursacht sein sollte – dieser Regress wird bei der Akteurskausalität dadurch durchbrochen, dass ein erstes mentales Ereignis direkt auf den Akteur zurückgeht.
Es scheint in jedem Fall für GK ein schwieriger Balance-Akt zu sein. Die Unterscheidung zwischen Handlung und Verlauf weiter oben (s. die Diskussion zu p. 158) ist für mich eben auch ein Indiz für die Gratwanderung. Wenn eine Handlung einen Verlauf «stört», dann legt das eine akteurskausale Interpretation zumindest nahe. – Aber es leuchtet auch ein, warum GK die Akteurskausalität vermeiden will. GKs Buch scheint darauf angelegt, seine libertarische Position ganz aus rational-wissenschaftlichen Argumenten zusammensetzen zu können. Er setzt sich damit auch ab von den Deterministen, denen er metaphysische Annahmen unterschiebt. Wenn er nun auf die Akteurskausalität zurückgreifen muss, dann eröffnet er in dieser Hinsicht eine neue Angriffsfläche. Woher soll denn ein «erstes mentales Ereignis» kommen, wenn nicht aus dem metaphysischen Off? Er schreibt auf p. 128: «Wenn anlässlich jeder Handlung eine neue Kausalkette beginnt, scheinen Kräfte und Energien aus dem Nichts zu entstehen (…).»
Genau, Akteurskausalität ist für GK ein No-Go, und hier argumentiert er, wie Du auch angemerkt hast, physikalisch: Man müssen dann einen unbewegten Beweger annehmen, und dies würde Energieerhaltungssätze verletzen.
Für meine Begriffe erkauft GK sich da recht teuer mit seiner nicht-deterministischen Kausalität, die ich immer noch nicht komplett durchdrungen habe, sowie mit seinem Weiterüberlegen-Konstrukt, um irgendwie das Anderskönnnen zu retten. Hier argumentiert er dann überhaupt nicht physikalisch, sondern bleibt in den Begriffen der mentalen Welt, obwohl es interessant wäre, wie die Weggabelung („Entscheiden oder Weiterüberlegen“) sich in der physikalischen Welt manifestiert. Er beläasst es bei der These, Naturgesetze schränken nur ein, lassen aber, was den Weiterverlauf angeht, mehrere Möglichkeiten offen.
Fast schwerer wiegt für mich die Frage, wie er den infiniten Regress bei seinem Beharren auf der Ereigniskausalität vermeidet. Mir scheint, dass GK dieses Problem geschickt umgeht, aber ich bin mir nicht sicher, ob es damit wirklich gelöst ist.