SEITE: 256 - 260 bheym 2 Kommentare Kommentar hinzufügen
Stelle:

Abschnitt 7.5 „Wer muss die Erklärungslücke schließen?“

Anmerkung:

GK setzt sich noch einmal mit Einwänden gegen das libertarische Weiterüberlegen-Argument auseinander. Der Einwand geht in die Richtung, dass am Ende keine Kriterien benannt werden können, die das Weiterüberlegen in einer gegebenen Situation erklären.

Auffällig ist, dass GK sich hier ausschließlich mit Positionen aus der Vereinbarkeitsmatrix (siehe Einführungskapitel) auseinandersetzt, vor allem mit deterministischen Kompatibilisten und agnostischen oder Zweifach-Kompatibilisten, aber auch mit Inkompatibilisten. Tenor ist: Wenn man dem Libertarier eine Erklärungslücke vorwirft, dann haben die anderen sie auch. Dies zeigt das Dilemma, dass alle der aufgezeigten Positionen mit gewissen Schwächen zu kämpfen haben, so dass es am Ende nur darum geht, was plausibel erscheint, und nicht darum, was wahr ist.

Grundsätzlich gäbe es noch eine andere mögliche Sicht, die in der Vereinbarkeitsmatrix gar nicht vorkommt: Man kann konzedieren, dass Menschen sich als frei erfahren und sich selbst eine Willensfreiheit zuschreiben, aber gleichzeitig der Meinung sein, dass wir keine Aussage darüber machen können, ob wir wirklich frei sind oder nicht. Alle Positionen in GKs Vereinbarkeitsmatrix erheben dagegen den – für mich metaphysisch anmutenden – Anspruch, etwas darüber zu sagen, ob wir frei sind oder nicht. Dass wir uns lediglich als frei erfahren und wir darüber hinaus keine Aussage machen können, ist als mögliche Positionierung nicht vorgesehen.

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Moritz T.

Wäre das aber nicht die Position des epistemischen Indeterministen, wie sie GK auf Seite 91f. als Spielform des Kompatibilismus beschreibt? Ich nehme aus subjektiver Perspektive wahr, dass ich meinen Willen walten lassen kann. Zugleich weiss ich nicht, ob es nicht doch eine deterministisches Supergesetz gibt. Aber das ist für meinen Alltag irrelevant, weil ich jeden Tag Entscheide treffen muss.
Wenn ich Dehaene richtig interpretiere, siehe Anmerkung weiter oben, dann zieht er sich auf diesen Gesichtspunkt zurück. Es gibt eine bewusste Auseinandersetzung mit einer Sache, es gibt einen Entscheid – das ist Willensfreiheit. Wieviel Rationalität oder Irrationalität am Entscheidungsprozess beteiligt ist, ist irrelevant. Es ist ein bewusster, freier Willensentscheid. Ob der Entscheidungsweg prädeterminiert ist, spielt keine Rolle, weil ich mich im Moment der Entscheidung frei fühle. Und nach Dehaene kann das selbe für einen Roboter gelten, was vermutlich für den Libertarier eine zusätzliche Provokation wäre.

Last edited 5 months ago by Moritz T.

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