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Besprechung für Zauber der Stille

Moritz T. Keine Kommentare
Besprechung:

Florian Illies erzählt das Leben und Nachwirken des Künstlers Caspar David Friedrich anhand von Geschichten und Anekdoten, in einem angenehmen leichten, unprätentiösen Ton. Er beschreibt den Zauber der Bilder, aber ohne Geraune oder Mystifikationen. Die Sätze sind sorgfältig und wohltemperiert gesetzt und verwandeln sich ihrem Helden und seiner Zeit an; man erschrickt geradezu, wenn Illies ein Modewort aus unserer Epoche unterläuft («Es stresst» Friedrich, dass seine Ehefrau Line ausführliche Briefe von ihm erwartet, p. 56).

Der Maler Caspar David Friedrich war um das Jahr 1900 so gut wie vergessen, und auch schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er bestenfalls noch unter «Vorläufer von» heute längst vergessener Künstler rubriziert. Illies erzählt die Geschichte der Wiederentdeckung, wie ihn dann die Nationalsozialisten vereinnahmten, und ihn die rebellischen 1968er denunzierten. Heute gilt Friedrich als bedeutendster deutscher Maler des 19. Jahrhunderts.

Auch Bilder haben ihre Schicksale. Illies verfolgt den Weg der Bilder durch den Lauf der Zeit, verfasst Kurzportraits der zeitweiligen Besitzer und imaginiert ihren Bezug zu den Gemälden. Das ist kurzweilig gestaltet, manchmal sind wir auch Dieben oder Räubern auf der Spur. Erschreckend oft endet ein Bilder-Leben in einer Feuersbrunst. – Die vier Kapitel sind jeweils einem der vier Elemente gewidmet; diese Struktur scheint nicht sonderlich zwingend, auch wenn sich natürlich aus Friedrichs Bildern Bezüge zu allen Elementen herstellen lassen.

Friedrich litt zeitlebens unter Depressionen und hatte in seinem Leben schwierige Phasen zu bestehen. Florian Illies beschreibt die Eigenheiten des Künstlers aus respektvoller, angemessener Distanz. Friedrich neigte – auch als Familienvater – zur Einsamkeit und zur Stille, denen er in seinen Bildern in grossartiger und gelegentlich auch verstörender Weise Ausdruck verlieh. Heinrich von Kleist hat über «Mönch am Meer» wenige Monate vor seinem Suizid einen Text der Verzweiflung verfasst.

Florian Illies hat sich sehr ausgiebig mit Caspar David Friedrich beschäftigt, aber er verbirgt in seinem Konversationston geschickt den Aufwand, den er betrieben hat. Nur mit der entsprechenden Hintergrund-Recherche lässt sich das, sagen wir, ambivalente Verhältnis von Goethe zu Friedrich so anschaulich beschreiben. Allerdings kann Illies auch der Versuchung nicht ganz widerstehen, seinen Zettelkasten möglichst vollständig auszubeuten. Der Leser hat kaum etwas davon, wenn beispielsweise auch Marcel Proust oder Ernst Jünger, mit bloss indirektem oder vagem Bezug zu Friedrich, die lange Liste der Prominenten ergänzen, die sich mit den Bildern des Malers beschäftigt haben.

Aber das sind Kleinigkeiten. Florian Illies erreicht spielend leicht sein wohl wichtigstes Ziel: die Leserin, den Leser von neuem neugierig zu machen auf die Bilder Caspar David Friedrichs.

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