Kapitel III.1 Tauwetter
1855 stirbt Nikolai I. Damit wird der Weg endlich frei für Reformen. Es stellt sich heraus, dass niemand mehr ernsthaft das Konzept der Leibeigenschaft verteidigt. Nicht nur die westlich geprägten unabhängigen Intellektuellen äusserten sich nun deutlich für die Abschaffung dieser Form der Sklaverei, auch in der zaristischen Bürokratie setzten sich die Stimmen durch, die den Bauern die Freiheit geben wollten. Und auch die Slawophilen unterstützten diese Bestrebungen. – Die Ausführungen Baberowskis hierzu sind etwas gar lang geraten.
1861 war was soweit, der Alexander II. hob die Leibeigenschaft auf. Es kam zu Unruhen; manche Bauern glaubten zu verstehen, dass der Zar ihnen auch gleich das Land zuschanzte, das sie bearbeiteten, und wandten sich gegen die Adligen, denen sie unterstellten, die Anweisungen des Zars zu verfälschen.
Beeindruckend, wie rasch sich die Justiz emanzipierte. Baberowski gibt das Beispiel eines Ministers, der sich Anweisungen des Zaren mit dem Hinweis widersetzte, dass diese gegen das Gesetz verstiessen. Ein eine Generation zuvor unvorstellbarer Vorgang, den der Zar aber wohl oder übel akzeptierte.