„Von einer Revolution war schon gar keine Rede mehr. Nirgendwo gab es auch nur die geringsten Anzeichen, dass sich die Gesellschaft von Besitz und Bildung mit dem Protest von Arbeitern und Bauern verbinden könnte.“
Der revolutionäre Furor von 1905/06 hatte sich kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs erschöpft, auch wenn es weiterhin zu Unruhen kam. Die Bolschewiki schienen marginalisiert.
Beeindruckend die Entwicklung der Duma: die erste und zweite Duma waren noch chaotisch gewesen, Abgeordnete hatten teilweise keine Vorstellung von ihren Aufgaben, die Parteien nutzen die Bühne zur Selbstdarstellung und beharrten einfach auf ihren Positionen und Maximalforderungen, Liberale und Linke blieben in Fundamentalopposition zur Regierung. In der dritten und vierten Duma hatte sich das parlamentarische Verfahren dann schon eingespielt, man erarbeitete Kompromisse und erzielte Fortschritte. Die Liberalen distanzierten sich zögerlich von den absolut-revolutionären Zielen (und den Bolschewiki), und von den terroristischen Gewaltakten. – Allerdings muss auch festgehalten werden, dass das Regime sich durch wiederholte Aenderungen der Wahlgesetze die Duma heranzog, mit der es arbeiten konnte.
Die Meinungsfreiheit hatte sich etabliert, es erschien eine grosse Anzahl von Zeitungen mit unterschiedlicher Ausrichtung. Auch die Kultur und die Künste widerspiegelten Vielfalt und eine Aufbruchsstimmung.
Das Zarenregime scheint endlich eine – prekäre – Balance erreicht zu haben. Dann bricht der 1. Weltkrieg aus.