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Besprechung für Lob des Schattens

Moritz T. Keine Kommentare Kommentar hinzufügen
Besprechung:

Jun’ichiro schreibt in diesem Essay aus dem Jahr 1933 gegen den Einfluss aus dem Westen an, die Dunkelheit zurückzudrängen und alles in ein gleissendes Licht zu tauchen. Er begründet die Affinität der Japaner für den Schatten, die Dunkelheit unter anderem mit der nicht-weissen Hautfarbe der Japaner. Zuweilen mutet die Argumentation reaktionär und auch etwas altbacken an. Dort, wo sich Jun’ichiro allerdings auf die positiven Aspekte von Schatten und Dunkelheit konzentriert, ist diese idiosynkratische Prosa stellenweise berückend und – erhellend.

 

Der Fokus der traditionellen japanischen Ästhetik, der der Autor das Wort redet, gilt nicht einem Objekt, sondern dem Licht in all seinen Schattierungen, die rund um Objekte entstehen. Das matte, abgedunkelte, undeutliche beruhigt und regt zugleich die Sinne, die Phantasie an. Eine Kalligraphie beispielsweise wirkt nur auf dem entsprechenden Papier, in einem Zimmer im Hintergrund, eine Vase in einer Nische. Das Licht dient nicht in erster Linie dazu, ein Objekt auszuleuchten. Die Licht- und Schatteneffekte selbst ziehen das Interesse auf sich, die Objekte reflektieren das Licht, und hüllen sich in abgestufte Dunkelheit, die den Blick ruhen, träumen lässt. Schattierungen sind naturgegeben, sie entsprechen uns (oder wenigstens den Japanern). Es soll keinen Bereich geben, der von dieser Ästhetik des Schattens ausgenommen wird, auch nicht die «Aborte», die in der traditionellen japanischen Architektur im Halbdunkel platziert sind und die Wahrnehmung der Umgebung ermöglichen, oder Spitäler und die Zahnarztpraxen: «Im Allgemeinen werden wir von Unruhe erfasst, wenn wir hell glänzende Dinge sehen». Wohl hat Jun’ichiro seinen Kampf gegen das gleissende Licht in den japanischen Grossstädten verloren, aber in vielen Nischen des Alltags und erst recht in Museen oder traditionsbewussten Hotels ist die Schatten-Ästhetik weiterhin sehr präsent. – Der Manesse-Verlag hat das Büchlein ansprechend gestaltet, mit einem dunkel gemaserten Einband und passend schmutzig-weissem Umschlag.

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