Zitat & Kommentar

#26 22.11.2025
Ross Douthat - Peter Thiel and the Antichrist | Kommentarautor Moritz Th.

Peter Thiel and the Antichrist > Peter Thiel and the Antichrist_Interesting Times_Podcast_38’20“

https://www.youtube.com/watch?v=vV7YgnPUxcU

«Interesting Times», Podcast by Ross Douthat

38’ 20’’
*
Ross Douthat: You would prefer the human race to endure. Right?
*
Peter Thiel: Ah…
*
RD: You’re hesitating.

PT: Well, I would, I would…

RD: This is a long hesitation!

PT: There is so many questions…

RD: (interrupting): Should the human race survive?

PT: Yes. But…

(Deutsche Übersetzung:)

Ross Douthat: Sie würden es vorziehen, dass die Menschheit weiterbesteht. Richtig?

PeterThiel: Ah…

RD: Sie zögern.

PT: Nun, ich würde, ich würde…

RD: Das ist ein langes Zögern!

PT: Da gibt es so viele Fragen…

RD (unterbricht): Sollte die Menschheit überleben?

PT: Ja. Aber…

Kommentar

Peter Thiel ist Tech-Investor, Milliardär und einer der Vordenker des Silicon Valley, der Donald Trump bereits in der Präsidentschaftswahl 2016 unterstützt hatte. Damals war er ein Aussenseiter im zwar libertär-staatskritischen, aber den Demokraten zuneigenden Milieu der Gründer von Google, Facebook & Co. Heute scheinen manche seiner Positionen im Silicon Valley mehrheitsfähig, und man kann nur spekulieren, inwieweit er die US-Regierung beeinflusst – der US-Vizepräsident und Neo-Katholik J.D. Vance ist früh und massiv von Thiel gefördert worden.
Thiel redet zu Beginn des Interviews viel von Stagnation in den letzten 50 Jahren. Das mag auf den ersten Blick erstaunen, aber tatsächlich haben sich einige hoffnungsvolle Projektionen aus dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts nicht erfüllt, trotz Internet und Smartphone. Thiel zitiert den langsamen Fortschritt in der Demenzforschung als Beispiel.
Im Lauf des Interviews zeigt sich aber, dass Thiel eigentlich von einer viel grundlegenderen, existenziellen Stagnation redet, die es zu beenden gilt: Die Überwindung der Sterblichkeit, die Verwandlung des Menschen in etwas Transhumanes.
Dies erklärt das lange Zögern Thiels in der zitierten Interviewpassage, auf die scheinbar leicht zu beantwortende Frage, ob er möchte, dass die Menschheit überdauern soll. Als er sich endlich zu einem Ja durchringt, folgt ein gewichtiges Aber: Überleben ja, aber wir sollten uns radikal verändern. Es mag nun überraschen, dass damit nicht nur eine durch das Silicon Valley induzierte technologische Transformation gemeint ist, sondern dass es Thiel auch um eine Verwandlung im biblischen Sinne geht. Thiel hat das Ende der Zeiten im Blick, er sieht den Anti-Christen heraufziehen, in Form des Weltstaats. Erste Vorboten sind die UNO und die WHO – und Greta Thunberg, die Thiel mehrfach nennt.
Was dagegen hilft? Disruption, Überwindung der Stagnation, Ausfechten des End-Kampfes zwischen Gut (die technischen Innovatoren des Silicon Valley und die rechtgläubigen Christen) und Böse (die woke staatsversessene Linke). Dieses Denken in Endzeit-Kategorien scheint auf Leute wie Thiel beträchtliche Anziehungskraft auszuüben, das Ende der Weltzeit fällt dann zusammen mit dem Ende der persönlichen Lebenszeit.

Wenn man nach Thiels anti-liberalen, fundamentalistischen Wurzeln fragt, stösst man auf den für ihn wichtigen deutsch-amerikanischen Philosophen Leo Strauss (1899 – 1973), der die Notwendigkeit einer übergeordneten, sprich göttlichen Instanz diskutierte, die allein für die wahre Gerechtigkeit sorgen kann.
Peter Thiel erscheint in diesem Interview als – einflussreicher – Apokalyptiker, der den von ihm geförderten technologischen Fortschritt in den Dienst einer christlich-fundamentalistischen Weltsicht stellt.

Abonnieren Sie den «Buch im Fokus» - Newsletter

0
Wir freuen uns, wenn Sie einen Kommentar schreiben!x
()
x