Die Kunst der Renaissance
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Besprechung
Moritz T.
«Versuche, auch der Landschaft, der Bergbildung etc. etwas abzugewinnen.»
bei Filippo Lippi, der sich von Fiesole und Masaccio emanzipiert.
«Ich begehre aber gar nicht unterrichtet zu sein von allen Muskeln und Sehnen (…). Dafür habe ich, sobald ich will, die Wissenschaft.»
Wenig Freude an Michelangelos kraftvollen Statuen; zuvor (p. 183) seitenlange Polemik gegen die Überhöhung Michelangelos durch Zeitgenossen (dadurch natürlich weiter zum Ruhm des M. beitragend…). Michelangelo «drängt uns das auf, woran und worin wir sterblich sind», im Gegensatz zu den Griechen und ihren unsterblichen Gestalten. – Viele (kaum weiter kommentierte) Zitate zu Michelangelo in der Folge.
«Er fasst das ganze Wollen des XV. Jh. auf’s Mächtigste zusammen und führt es in eine bisher ungeahnte Höhe.»
Lobpreisung des Lionardo da Vinci. Anders als Michelangelo nicht in «innerlicher Rebellion gegen Aufgaben und Besteller». Bedauern, dass Lionardo nicht mehr gemalt hat; was er entdeckt hat in Technik und Natur, hätten andere auch entdecken können…
«(…) quantitativ die riesigste Künstlerphantasie, die es je gegeben hat.»
Michelangelos Weltgericht; B. spart nicht mit Superlativen, dann aber auch Kritik: «Aber die sachliche Einheit, d.h. das Fehlen aller Unterschiede, ist theuer bezahlt.» (p. 236). Etwas polemisch: Mehr Quantität als Qualität. «Unvermögen (…) im Christus» (p. 236), der «unbedeutend» dargestellt ist.
«Malern und Bestellern nahm er die Stille der Seele, die sich einst mit dem Existenzbilde begnügt hatte, und verhexte sie zugunsten des Dramatischen und Energischen. Unverträglichkeit seines Styles u.a. mit einem Thema wie die ‘Madonna mit Heiligen’.»
Michelangelos «schicksalsvoller Einfluss auf die ganze Kunst».
«Sein Formschönheitssinn hat können in hohem Grade der Schönheitssinn der modernen Welt überhaupt werden, diess aber nur weil er der Ausdruck einer seelischen Schönheit und eines innern Feuers war.»
Rafael. Klingt etwas esoterisch. Wird auch in der Folge nicht besser: «Er lebte in einer endlos reichen Welt von heiligen, mythischen und profanen Wesen idealer Art deren Bildlichkeit ihm scheinbar von selber zuströmt.» Ein Naturtalent, mit anderem Wort, «zugleich (…) einer der grössten dramatischen Componisten.» Dagegen steht, nüchtern, «das Centrum seines Wesens: Die Pflichttreue». B. nennt Rafael «eine sympathische Persönlichkeit». Doch etwas überraschend, wie B. aus dem Abstand von 350 Jahren solche Urteile fällt, und wie wichtig sie auch für die Bewertung der Kunst zu sein scheinen.
«Allmälig über 30 Exemplare nachgewiesen.»
Madonna del Popolo von Rafael. Welches ist das Original, welches sind bloss Kopien…? Besonders schwierig bei dieser Madonna. Heute sind laut Wikipedia mehr als 100 Kopien bekannt. Das Original angeblich im Musée Condé in Chantilly, Frankreich.- Detaillierte Auseinandersetzung mit Rafaels Werken, über viele Seiten.
«(…) nur war seine Zeit enorm kostbar geworden.»
Rafael engagiert (talentierte) Schüler, um seine Werke zu vollenden.
«Zum erstenmal herrschen vollständig die Kunstmittel vor und die Zwecke sind nur der Anlass. Immerhin kam es ihm sehr zugute, dass er noch vom kirchlichen und profanen Empfindungsschatz seiner Zeit leben konnte. Hierin steht er dem Michelangelo parallel, nur lag diesem Alles an den Motiven seiner Gestalten, während dem Correggio Alles an der Erscheinung lag.»
Correggio. Unaufhörlich schafft B. Bezüge, stellt Vergleiche an, gibt Urteile ab. S. auch p. 296 plus Fussnote 1, wo B. notiert, dass Michelangelos Jüngstes Gericht an Einfluss Coreggios Domkuppel (Parma) allmählich überflügelte – in Oberitalien, in Rom sei Coreggio ohnehin kaum wahrgenommen worden. Ohne weitere Quellenangaben hier. Der omnipräsente Vasari, oder Rückschlüsse aus eigener Beobachtung der Kunstwerke? – Dann aber: Coreggio mit grossem Einfluss (im Gegensatz zu Michelangelo) auf die «ganze Kunst des XVII. und XVIII. Jh. (…), was den Lebensausdruck betrifft.»
Rolle Aretinos
Wird hier auch wieder beiläufig erwähnt. Der grosse Verderber glücklicherweise ohne Einfluss auf Coreggio…
«Dazu das enorme und von ihm gewiss deutlich empfundene Glück, das neu und abweichend Geschaute sich und anderen zu dolmetschen. Schon nur was er an Landschaftlichem neu empfand würde der Ruhm jedes Anderen ausmachen.»
Coreggio. Aus heutiger Perspektive wirkt es etwas fragwürdig, wie B. sich hier Coreggios Innenleben aneignet (ohne Quellenverweis).
«Hier entstand diejenige Kunst welche mit der Zeit, als die römische Schule und Michelangelo todt war, sich das ganze Abendland (…) unterwarf.»
Venedig – nicht die Stadt der Freskenmalerei, aber… Denken in Einflüssen, Machtstellungen der Kunststile. Bellini, Giorgione («Urheber einiger der schönsten weiblichen Typen»), Tizian…
«Es ist eine absolut venezianische Produktion.»
Über Tizians Assunta, die heilige Jungfrau, «die mächtigste der ganzen christlichen Malerei».
«S. Pietro Martire 1529/30. Erste ganz mächtige Mitwirkung von Luft, Bäumen und Landschaft. Oben mit dem Palmenzweigputten rieselt himmlisches Licht in die Bäume.»
Tizian; wie kann die Luft «mitwirken»? B. vermag die Neugierde auf Bilder zu wecken, die man mit frischem Blick sehen möchte. «Weitgrösste Aeusserung des Momentanen», auch das eine etwas kryptische Beschreibung, die man gern vor dem Original zu erfahren versuchen möchte. Leider in diesem Fall nicht mehr möglich, das Gemälde verbrannte 1867 (Kommentar p. 583). In den Reproduktionen: Abstufungen des Himmelblaus, Tiefe des Raumes.