Die Welt der schönen Bilder
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Besprechung
Moritz T.
„‚Du, Du bist in allem eine Ausnahme‘, sagte Gilbert in überzeugtem Ton (oder vielmehr in emphatischem Ton: Er hält immer Distanz zu seinen Worten).“
Die Autorin korrigiert sich hier, geschickt gemacht: Gilbert streicht den Sonderstatus seiner Partnerin Dominique heraus, aber zugleich bleibt er cool. Er hält Distanz zu seinen Worten, und wohl auch zu seinen Gefühlen.
„‚Ich habe keine Prinzipien!‘, sagte Laurence betrübt.
‚Du gibst auch nicht vor, welche zu haben, aber Du bist aufrichtig, das ist besser als umgekehrt‘, sagt ihr Vater mit Wärme.“
Laurence realisiert, dass sie ihren verständnisvollen Vater verehrt, und dass weder Ehemann noch Geliebter an ihn heranreichen. Schematische Konstellation.
„Für abgeklärte Gefühle, die zur täglichen Routine gehören.“
Dafür will Laurence nicht riskieren, dass ihr Ehebruch entdeckt wird. Der Liebhaber Lucien verursacht nicht mehr den Taumel der Begierde. Sie schläft mit ihm und ihrem Ehemann; kein grosser Unterschied.
„Ein neues Fabrikat eines so weit verbreiteten Produktes, wie es die Tomatensosse ist, auf den Markt zu bringen ist nicht leicht.“
In der Tat! Etwas schwerfällig, vielleicht noch verstärkt durch die Übersetzung. Es fehlt Schwung, Ironie, Leichtigkeit.
Wir sollen Einblick erhalten in Laurences Berufsleben.
„Mir fehlt etwas, was die anderen haben… Aber vielleicht… vielleicht haben sie es auch nicht.“
Eines der Hauptmotive: Laurence vergleicht sich mit anderen, und spürt ein unbestimmtes Defizit. Aber vielleicht geht es allen so? Eine Ausnahme scheint allenfalls ihr Vater zu sein.
„‚Bald werden die Maschinen unsere Zeichenbüros ersetzen, und wir sitzen auf der Strasse‘, sagt Jean-Charles.“
Hmm, 60 Jahre später sind die Debatten-Themen immer noch dieselben. Vgl auch die Behauptung auf Seite 102, dass der Kampf für die Gleichberechtigung der Frau „doch heute längst überholt ist“.
„(…) und die Zärtlichkeit wird in Laurence‘ Adern zu einem brennenden Strom, sie taumelt vor Verlangen, während ihre Lippen sich finden.“
Schöner hätte das auch Rosamunde Pilcher nicht formulieren können.
„Jetzt bin ich arriviert, und da frage ich mich, was ich nun eigentlich erreicht habe.“
Laurences Mama Dominique wird von ihrem Partner Gilbert verlassen. Die Tochter versucht Trost zu spenden; immerhin habe sie noch ihre Karriere, aber das verfängt im Moment bei Dominique nicht. „Arriviert“ sein als ein absolutes Ziel: wenn man oder frau dann angekommen ist, löst sich der Begriff auf.
„Das Glück: eine Art Existenzberechtigung, die sich das Leben selbst verleiht.“
Mit Papa in Griechenland, in den Ferien.
„Das Leben würde sie morden. Ich dachte an Catherine, die man auch morden will.“
Ein kleines Mädchen tanzt, von der Musik „besessen“. Laurence ist fasziniert; wie kann das Mädchen diese Hingabe bewahren? Wie kann man verhindern, dass sie wird wie ihre Mutter, eine Matrone mit „glotzendem Kuhblick“? Laurence muss auch an ihre Tochter Catherine denken.
„Wenn ich eine Freundin hätte, würde ich mit ihr sprechen, anstatt hier zu liegen.“
Laurence geht es nach der Reise mit Papa schlecht. Sie fühlt sich jetzt auch ihm entfremdet. Die Psychologin ihrer Tochter schlägt vor, dass Catherine den Verkehr mit ihrer Freundin Brigitte einstellt, die sie mit ihren Geschichten verwirre. Laurence realisiert, wie kostbar eine Freundschaft sein kann – und dass sie selbst keine Freundin hat.