Griechischstunden
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Besprechung
Moritz T.
Ein Satz, und war er einfach nur so dahingesagt, führte ihr unerbittlich wie ein Blick durch Eis ihre Perfektion und ihre Unvollkommenheit, ihre Aufrichtigkeit und ihre Lügen, ihre Schönheit und ihre Hässlichkeit vor Augen.
Im Bann der Worte.
„Ihre Mundhöhle ist leer wie der Schacht eines ruhenden Aufzugs (…)“
Treffende Metapher.
«Jeder Mensch füllt so viel Raum aus, wie es dem Volumen seines Körpers entspricht, aber die Stimme kann darüber hinausgehen. Sie jedoch wollte sich nie über ihre Grenzen hinweg ausbreiten.»
Eher sich kleiner machen, verschwinden, die Stimme ganz verlieren.
Sie wäre beinahe nicht geboren worden.
Schwierige Schwangerschaft, Mutter krank, sie wollte abtreiben. Keine Selbstverständlichkeit der Existenz.
Kapitel 11
Relativ langes Kapitel, Einblick in den Alltag der weiblichen Hauptfigur, die die Sprache und die Erziehungsberechtigung für ihren Sohn verloren hat, der für sie den «indianischen Namen» «Traurigkeit des Schnees, der im Übermass fällt», findet. – Wahrnehmung des Altgriechischlehrers, der den «Staat» Platons eher aus philosophischer denn aus grammatikalischer Sicht bespricht.
Kapitel 17
Beim Versuch, einen verirrten Vogel aus dem Treppenhaus zu befreien, verliert der Altgriechisch-Lehrer seine Brille, und ist jetzt selbst, dreiviertelblind, orientierungs- und hilflos: er hat sich selbst in den verirrten Vogel verwandelt. Seine taubstumme Schülerin findet ihn und hilft ihm, wortlos, und führt ihn ins Freie. – Brillant.
«Wir gehen
erst
ins
Krankenhaus.»
Die ersten Worte, die sie an ihn richtet. Berührend. Sie schreibt sie auf seine Hand. Das «wir» wirkt unglaublich stark nach dieser Vorgeschichte. Das «erst» zeigt an, dass sie sich auch danach um ihn kümmern wird.
«’Ich will nur möglichst wenig besitzen.’»
Der Lehrer entschuldigt sich, dass er trotz der Hitze keinen Ventilator besitzt in der karg eingerichteten Wohnung.
«Der schwarze Umriss streckt ihm etwas Helles entgegen, das seine linke Hand ergreift und sie öffnet. Ein anderes helles Ding fängt an, auf seine Hand zu schreiben.»
Eben noch hat der Lehrer geträumt, jetzt ist seine stumme Schülerin zurückgekehrt und schreibt ihm wieder auf die Hand. Auch das Wachsein fühlt sich für den Dreiviertel-Blinden wie ein Traum an. Eindrückliche Passagen.